Montag, 18. Oktober 2010

Gotta take the lemon!

Unterwegs Richtung Norden in New Hampshire
Kalt war es, im Süden! Im Süden von Canada war das, also eben doch ein ganz schönes Stück weiter nördlich als ich meine Reise gestartet hatte. Unterdessen sitze ich aber bei einem gemütlichen Camp-Feuer auf einem Camp im White Mountains National Forest im Bundesstaat New Hampshire. Wird mir grad ein bisschen heiss neb‘ meinem Feuerchen, obwohl wahrscheinlich ist es nur noch grad so knapp 10°C. Wohlig-gemütlich-warm fühlt sich mein Bauch dafür an, dort unten schlummert nämlich jetzt ein auf eben diesem Feuerchen gegrilltes Beef Tenderloin Steak, Tomaten & Gurken Salat und - mit knapper Not, hab ich sowas wie richtiges Brot gefunden - ein „French Baguette“. Und zwei Bierchen gesellen sich auch noch dazu.
...und zum Frühstück Ying & Yang

Ja also mit meiner Fahrt nach Norden ist das ja so, eigentlich bin ich in New Hampshire unterwegs um meine Freunde Ron & Linda, ein kleines bisschen nördlich von Exeter, NH zu besuchen. Nur eben, das liegt ja von hier aus dann auch wieder im Süden. Wieso dann also soweit in Norden? Wieso Canada? Nein, nein, nicht weil ich so Sehnsucht hatte wieder mal französisch zu plaudern. Aber…
Nicht mehr kennen wollten sie es, mein US-Touristen Visa, das mir ermöglicht hätte mich länger als der normalen drei Monate in den USA aufzuhalten, obwohl „indefinetely“ also gleich unlimitiert, lebenslänglich, für immer, auf Lebzeiten, riesengross auf dem bunten Stempel in meinem Pass steht. Das gelte nun aber schon seit geraumer Zeit nicht mehr, erklärte mir der Beamte auf dem Office, damals bei der Papier-Einfuhr des blue truck freundlich. Er rät mir das Visa besser niemandem mehr zu zeigen, ich würde mir da mehr Probleme aufhalsen als einen Gefallen tun. Ich soll einfach zusehen immer mal wieder schnell über die Grenze (gibt ja soviele hier in den USA…) eben nach Canada oder Mexico zu fahren. Nun gut, dacht ich mir, wenn ich dann nur noch 3 Monate am Stück hier bleiben kann, und ja jetzt mit der Warterei auf den Toyota eigentlich schon einen halben Monat im Land bin, mach ich doch, wenn grad sozusagen in der Nähe, einen Abstecher ins „Ausland“. Damit es nicht ganz so augenfällig ist, verbrachte ich sogar noch eine bitter kalte Nacht auf einem kanadischen Campingplatz. Nun gut, heute kurve ich dann voller Enthusiasmus wieder Richtung USA, denke mir, dass die sicher ganz viele Fragen stellen würden, hab schon meinen Pass, die Autoeinfuhrpapiere, den amerikanischen Verschierungsnachweis, den schweizerischen Autoausweis, also einfach alles, schön parat in einem Mäppli. So fahre ich dem schwarz uniformierten wild fuchtelnden Officer entgegen. Genau und korrekt auf den weissen Balken des auf den Asphalt aufgemalten Stoppschildes stellt der blue truck seine Vorderfüsse und lässt seinen Diesel verstummen. „Good Morning Officer…“ und dann geht es los. Wieso sehen eigentlich diese Typen immer haargenau so aus wie in den amerikanischen Spielfilmen, der hier auf jeden Fall, dunkle mit “Elvis‘ best hair oil“ nach hinten gekämmte Haare, einen dunklen, dichten Schnurbart, eine bis aufs letzte perfekt sitzende Uniform mit goldigen Knöpfen, mit einem Sternchen drauf und an den Ärmeln und an der Brust allerlei für Wäppchen, eins erkenne ich als offiziell vom Staate New Hampshire, ein anderes als „Federal Border Control“ und sonst gibt’s noch einiges für das mir die Zeit nicht reicht, schliesslich bin ich hier der der inspiziert wird und nicht der. Am Gurt hängen auch soviele Sachen, es erinnert mich an meine Zeit im schweizer Militär, als ich für meinen letzten WK noch dieses neue Zeugs mit all den Täschchen um den Gurt fassen musste. Nie wusste ich wo jetzt was steckt, selbst meine eigenen Landjäger und Schoggistängeli konnte ich jeweils nicht mehr finden, soviel dieser Täschchen waren das. Aber da sind es keine Täschchen, ein richtiger Revolver steckt da in einem Holster, dann ein Mikrofon, so ein Teil - eben wieder wie im Film - so ein schwarzes mit einem länglichen Schalter auf der Seite, daran so eine Spiralleitung, wie früher am Telefon, die endet an seinem Hintern in einem schwarzen Kästchen, das seinerseits wieder am Gurt hängt. Dann hat‘s sonst noch einiges, eine Taschenlampe glaub ich, oder war‘s ein Schlagstock, ne, für einen Zöllner, an der kanadischen Grenze, an der mexikanischen vielleicht, aber hier nicht, war sicher eine Taschenlampe. Du kannst Dir den also gut vorstellen, eben, genau wie im Film. Jetzt eine ganze Salve von Fragen, wo wohnst Du, was machst Du, wem gehört das Auto, von wo kommst Du wohin gehst Du, wie kam das Auto hier her, was machtest Du in Canada, wann gingst Du nach Canada, wann kamst Du wo in den USA an und, und, und, ich erzähle bereitwillig, präventiv auch gleich, dass ich mal in Dallas gearbeitet habe, sonst kommt der nämlich gleich wieder auf die Idee, mir zu sagen, dass mein altes L1-Visa nicht mehr gültig sei. Und auch, dass ich dann weiter nach Zentral- und Südamerika reisen will, schleudere ich ihm an den Kopf, das entschärft meist die Situation von wegen „illegal Alien“ der hier arbeiten will und so. Er mimt den super autoritären Typ, schnappt sich meinen Pass und marschiert ab, wie er dann nicht in seinem kleinen Häuschen verschwindet sondern im Office Gebäude, hör ich ihn noch wie er voller Freude seinem Kumpel entgegen ruft, das glaubst Du nicht, da draussen steht ein Typ, der ist aus der Schweiz und der ist mit seinem eigenen Auto hier, stell Dir das mal vor… und dann fällt die Tür ins Schloss und ich kann nichts mehr hören, wenig später kommen zwei Typen raus, der schnurrbärtig elvisgel Typ und noch ein anderer, auch so filmmässig, so ein wenig Typ "kleiner Dicker", dem hängt nebst dem zöllnerischen Allerlei auch noch sein Bauch über den Gurt. Auch seine Frisur perfekt gestylt, der hat nämlich gar keine mehr, nur noch so ein schmales mönchsmässiges Ringchen von dukelblonden Häärchen, das sich von Ohr zu Ohr zieht. Wie ich aus der Konversation der beiden höre, ist der kleine der Chef und der Schnauzer derjenige der die Arbeit leisten muss. Der Chef verschwindet auch gleich, bauchvoran, wieder. Während der andere mich auffordert die Hecktüre zu öffnen. Ich öffne meine Türe und werde energischst angewiesen im Auto zu verbleiben und gefälligst die Hecktür zu öffnen. Ich erkläre ihm, dass es dazu nur zwei Möglichkeiten gäbe, entweder ich würde aussteigen oder ich würde ihm den Schlüssel übergeben und er schliesst selbst auf. Er guckt mich an und entschliesst sich mit eben demselben antrainiert autoritären Ton dazu, bei mir den Schlüssel zu holen. Und schon wühlt er voller Elan in meiner Kühlbox: „I see a Lemon“ – „no label, I have to take that away“ sehr beherzt, grübbelt er dann seine Lesebrille hervor um die Inschrift auf den Tomaten, welche ich noch in den USA gekauft hatte zu lesen: „…New England Tomatos – Yes, New England, that's with us, you are good to go, you can keep those…“ dann findet er eine Peperoni, auch ohne Kleber: „Did you by the Peper where you bought the New England Tomatos?“ – „Yes, Sir“ – „good, you can keep it, than“ und so weiter. „but I gotta take the lemon, can’t let you have that…” Gottseidank hab ich am Vorabend all meinen Biervorrat aufgetrunken. Alsbald klettert er wieder heraus, verschwindet mit Schlüssel, Pass und der Zitrone wieder im Häuschen, kommt zurück, fragt nochmals was ich in der Schweiz arbeite, ich erkläre ihm zum dritten mal, dass ich GM war, aber nicht mehr sei, ich hätte für eben diese Reise gekündigt. Und wann sei ich eingereist… Schwupp schon hab ich meinen Pass wieder und auch die Schlüssel …nur eine Frage hat er noch, nur so „out of curiosity“ wieviel kostet das, so ein Auto von der Schweiz hierher zu schicken? Auch das beantworte ich bereitwillig und …“you’re good to go - enjoy the United States…“ Also ging das doch alles ganz gut. Ich kurve frohen Mutes von dannen und wieder Richtung Süden, einige Meilen mit US Boden unter den Rädern fahr ich an einem kleinen Ausstellplatz zur Seite, nimmt mich doch wunder, was der jetzt in den Pass gestempelt hat. Zweimal blättere ich den Pass von vorne bis nach hinten durch – NICHTS! – jetzt hab ich den ganzen Klamauk mit dem Trip nach Canada umsonst gemacht. Deshalb wird der Schnauzer mich wohl so oft gefragt haben, wann ich eingereist sei oder der war ein solcher Amateur mit nicht Amerikanern oder Kanadiern, also eben richtige Ausländern, dass er schlicht vergass mir einen Stempel in den Pass zu knallen. Aber wahrscheinlich schon ersteres… Mist, jetzt muss ich mich dann doch irgendwie am 27. Dezember ausser Landes machen, der 14. Januar hätte viel besser gepasst, da wär ich längst in Texas und in der Folge nahe der mexikanischen Grenze gewesen. Nun gut, werde sehen, wie das noch ausgeht. Vielleicht löst ein Abstecher zu Roland & Irene auf Bonnaire das Problem.

3 Kommentare:

  1. Sounds like you had a hell of a time at the border. On behalf of the people of the United States of America, I would like to replace your lemon!

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  2. ... wenn der nur nicht danach fragt woher das Wässerchen im CH-Flachmann kommt ...

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  3. Wahnsinnig diese Typen.....fälltmir nicht mehr viel ein! Andererseits, was wolltest Du in Gottes Namen mit einer Zitrone ? :-)
    Grüsse von Bonaire, wo die Zitronen/Limonen einfach wachsen :-)

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